Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,
angesichts des Klimawandels gilt Holz beim Gebäudebau zunehmend als idealer Ersatz für Baustoffe, die wie Beton nur unter großem Energieeinsatz und mit hohen Treibhausgasemmissionen hergestellt werden können. So will Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir (Bündnis 90/Grüne) das Bauen mit Holz aus nachhaltiger, überwiegend heimischer Waldbewirtschaftung im Rahmen einer Holzbauinitiative fördern. Auf kommunaler Ebene fordert u.a. die Initiative Forum Augsburg Lebenswert in einer Stellungnahme zum Klimaschutzprogramm (BSV/22/07742) pauschal den Einsatz von Holz als Baustoff, „wo immer das technisch möglich ist“ (Anlage 8, S. 53) und fordert entsprechende Vorgaben in Bebauungsplänen und städtebaulichen Verträgen.
Allerdings zeigt eine Studie der Universität Kassel im Auftrag des WWF Deutschland (Beck-O’Brien, Meghan/Egenol, Vincent u.a.: Everything from Wood…; hg. vom WWF Deutschland, Berlin Juli 2022), dass weder in Deutschland noch weltweit ausreichend Holz zur Verfügung steht, um die Nachfrage nachhaltig zu decken. Im Jahr 2020 wurden den Wäldern weltweit 2 Milliarden Kubikmeter Holz mehr entnommen als für eine Stabilisierung von Biodiversität und Klima zuträglich wäre. In Deutschland wurde pro Kopf doppelt so viel Holz verbraucht wie im weltweiten Durchschnitt. Das entspricht dem Vierfachen des im Sinne der Nachhaltigkeit verträglichen.
Entsprechend machte sich bereits die Auftragsstudie für ein Augsburger Klimaschutzprogramm (BSV/21/06666) die pauschale Forderung nach dem Einsatz von Holz als Baustoff nicht zu eigen. Zwar wurde auf „positive Effekte für den Klima- und Ressourcenschutz“ verwiesen, die „auch im mehrgeschossigen Wohnungsbau“ von einem verstärkten Holzbau ausgehen können. Gleichzeitig mahnt die Studie, „globale und lokale Umweltwirkungen“ des Einsatzes von Holz zu beachten (Anlage 4, S. 44). In den Handlungsempfehlungen verwendet die Studie daher nicht das Wort „Holz“, sondern fordert einen „Rückgriff auf ökologische Baustoffe“ (Anlage 5, S. 62)
Diese Formulierung greift das Klimaschutzprogramm (BSV/22/07742) auf und empfiehlt als Beschlussvorschlag 5, den „Einsatz ökologischer Baustoffe“ in baulandpolitischen Grundsatzbeschlüssen vorzuschreiben (Anlage 3, S. 6).
Vor diesem Hintergrund stellen wir folgende Anfrage:
1. Aufgrund welche Rechtsgrundlagen kann die Stadt Augsburg den Einsatz bestimmter Baustoffe im Gebäudebau vorschreiben (private und öffentliche Gebäude)?
2. Unter welchen Bedingungen ist Holz nach Auffassung der Verwaltung als „ökologischer Baustoff“ im Sinne des Klimaschutzprogramms zu werten?
3. Welche Kontrollmöglichkeiten hat die Verwaltung, um den Einsatz „ökologischer Baustoffe“ im Gebäudebau (im Sinne der Antwort auf Frage 2) sicherzustellen und welcher Verwaltungsaufwand ist damit voraussichtlich verbunden? Wir bitten in der Antwort um eine gesonderte Berücksichtigung des Baustoffs Holz.
4. Inwieweit besteht aus Sicht der Verwaltung die Gefahr, dass aufgrund von baulandpolitischen Vorschriften zum Einsatz von Holz als Baustoff die weltweite Entnahme von Holz aus Wäldern befördert wird, die über das für die Biodiversität und das Klima zuträgliche Maß hinausgeht?
5. Wie viele Kubikmeter Holz pro Jahr können den verschiedenen städtischen Waldbesitzungen nachhaltig entnommen werden? Wie viele Kubikmeter wurden in den vergangenen 5 Jahren entnommen?
6. Gibt es eine vergleichbare Ökobilanz von Lehmziegeln und Holz?